Comeback der deutschen Supermänner

Vor 50 Jahren wurde “Sigurd“ geboren – heute sind die alten Comic-Helden wieder da.

Jung war sie, üppig, und wild. Und sie trug nichts weiter als einen Bikini aus Fell.

1950 reichte das, um Moralisten auf den Plan zu rufen.

Dabei war der “Blonde Panther“ aus Papier – eine Comic-Figur, die als weiblicher Tarzan im Urwald für das Gute kämpfte.

Heute wären Eltern froh, wenn der Nachwuchs mit so viel Unschuld vorlieb nehmen würde. Aber damals brannten Kioske. Zeitungshändler erhielten Drohbriefe. Lehrer errichteten Scheiterhaufen und warfen die Heftchen ins Feuer.

Nach 19 Ausgaben stellte der Verlag die Serie ein.

Comics konnten in Nachkriegsdeutschland einfach keinen Boden gewinnen.

Das änderte sich 1953: Sigurd der Ritter wurde zum ersten Comic-Helden der deutschen Jungen. Später kam Dschungelmensch Akim dazu, dann Nick, der Weltraumfahrer, und Tibor, der Urwaldmann Nummer zwei.

Das “Goldene Zeitalter“ des deutschen Comic hatte begonnen.

Die Väter dieses Wunders waren der schweizer Zeichner Hansrudi Wäscher und der Verleger Walter Lehning. Der hatte bei einem Italien-Urlaub die so genannten “Piccolos“ kennen gelernt: Streifenförmige Heftchen, die sich billig herstellen ließen, indem man das übliche Format quer dreiteilte. Lehning importierte die Idee: Fortan kosteten seine Comics nur noch 20 Pfennig – nicht einmal ein Drittel der “Micky Maus“, die seit 1951 in Deutschland zu haben war.

Der Sigurd-Piccolo startete mit einer Auflage von 600000 und brachte es zeitweilig auf 900000 Exemplare pro Woche, dicht gefolgt von Akim, Sohn des Dschungels.

Der clevere Lehning baute ein Vertriebsnetz aus, das bis ins letzte Kuhdorf reichte, und suchte sich Druckereien in Berlin, um die Berlin-Vergünstigungen mitzunehmen.

Hansrudi Wäscher zeichnete in den 50er Jahren bis zu acht Serien parallel.

Millionen von Jungen zählten die Tage bis zum “Fortsetzung folgt“

Peter Skodzik, 56, war so einer. Im Grunewald sammelte er Eicheln, die er für ein paar Pfennig an den Zoo verkaufte. Für eine leere Bierflasche gab’s den Gegenwert eines Heftchens an Pfand: “Wir hatten nur diese Geschichten“, erinnert er sich. “Fernsehen und Computer gab es ja noch nicht.“

“Für uns Jungs war Sigurd Held und Vaterersatz“, erinnert sich Norbert Hethke, 59. “In meiner Klasse hatten von 30 Kindern gerade mal drei noch einen Papa.“

Skodzik initiierte 1970 den Fanclub “Interessengemeinschaft Comic-Strip“ (Incos) und gründete Deutschlands erstes Comic-Fachgeschäft.

Hethke finanzierte sein BWL-Studium mit Heftchen-Handel, wurde Verleger und bringt seit Ende der 70er Jahre die alten Comic-Helden neu heraus. Hansrudi Wäscher, 75, entwickelt für ihn aber auch neue Geschichten.

Junge Leute lassen sich für die Ritter und Abenteurer allerdings nicht mehr begeistern.

Hethke glaubt zu wissen warum: “Unsere Helden waren edel, hilfreich und gut.
Das kommt heute nicht mehr an.“

Tatsächlich waren Sigurd und seine Kollegen beseelt vom Willen zu helfen.
Nick, der Weltraumfahrer (den Verleger Lehning nach dem Start des ersten Sputniks bei Wäscher bestellt hatte) sprach gar von “Christenpflicht“

Trotzdem schwärzten eifernde Pädagogen die Helden laufend bei der Bundesprüfstelle (BPjS) an. Manchmal war schon ein Dolch genug, um sich den Vorwurf der Gewaltverherrlichung einzuhandeln. Bei Beanstandungen wurden aus Lanzen Stöcke, oder das Messer wurde Sigurd einfach aus der Hand retuschiert. “Wenn sich drei Verstöße ereignet hatten, durfte das Heft ein Jahr lang nicht erscheinen“, erklärt Skodzik.


Aber Lehning war schlau und gab “Akim• nach einem Verbot kurzerhand als “Herr des Dschungels“ heraus.

Ruhe fanden die Helden erst in den 60er Jahren: “Da kam Porno auf“, so Skodzik, “und die Zensur hat sich darauf geschmissen.“ Die Zeit der Ritter und Lianenschwinger neigte sich ohnehin dem Ende zu.

1966 holte Ehapa Superman nach Deutschland, später kam Spiderman:

Die Zeit der amerikanischenHelden begann.

Auch Piccolos waren nicht mehr gefragt: Die Leute hatten mehr Geld und wollten größere Formate. Kioskbesitzer legten die kleinen Hefte gar nicht mehr aus. Lehning meldete Konkurs an.

1971 gab es keinen Sigurd mehr.

Doch dank Verleger Hethke sind die alten Helden wieder da. Die frühen Fans hatten ihnen ohnehin die Treue gehalten – was sich für manchen bezahlt macht:

Bestimmte Ausgaben sind heute vierstellige Beträge wert.

Hätte Händler Skodzik mal seine Privatsammlung behalten: “In den 70ern hat mir der Verkauf ein Auto gebracht“, erinnert er sich wehmütig.
“Heute bekäme ich Millionen.“

Come on; let's print again !

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